Große Klais-Orgel im Liebfrauenmünster
Die Kirchenverwaltung unter dem damaligen Münsterpfarrer Hans Meyer wagte eine weitsichtige Entscheidung. Zur gleichen Zeit gab auf die gleiche Frage der Schriftsteller Reiner Kunze eine Antwort aus einer ganz anderen Perspektive. 1977 übersiedelte der mißliebige Autor aus der DDR in den Westen. 1976 erschien sein Prosaband „Die wunderbaren Jahre“. Darin antwortet er auf das Verbot einer Schulbehörde, daß Schüler Orgelkonzerte besuchen, unter dem Titel „Orgelkonzert (Toccata und Fuge)“: „…Hier müssen sie nicht sagen, was sie nicht denken. Hier umfängt sie das Nichtalltägliche…“ Und Reiner Kunze zählte alle Orgeln das Landes auf, von West bis Ost von Nord bis Süd: „…sie alle müßten plötzlich zu tönen beginnen und die Lügen, von denen die Luft schon so gesättigt ist, daß der um Ehrlichkeit bemühte kaum noch atmen kann, hinwegfegen…“
Je säkularer unsere Welt wird, desto mehr braucht es „das Nichtalltägliche“! In der großen Klais-Orgel im Münster begegnet uns eine Ahnung vom Nichtalltäglichen. Diesem Ziel dient auch die Generalüberholung mit Erweiterung auf 70 Register (Gesamtkosten ca. 365.000 DM).
Für die gewährte Unterstützung dankt die Kirchenstiftung den Repräsentanten der Stadt Ingolstadt, Herrn Oberbürgermeister Peter Schnell mit Stadtrat. Dieser Dank gilt in gleicher Weise allen großzügigen Förderern. Sonntag für Sonntag erleben die Gottesdienstbesucher, was Irenäus von Lyon so formulierte: „Nehmt Gottes Melodie in euch auf!“
Die Orgel spielt uns Christen Sonntag für Sonntag das Lied vom Leben, nicht das vom Tod. Sie will uns hellhörig machen für Gottes unendliche Melodie. In einer alten Orgelinschrift heißt es: „Ist nicht das Leben ein Orgelspiel? Spielt jeder, wie er kann und will, seine Fuge, auch Thema mit Variation. Gott gibt einem jeden das Thema schon!“
Ich bin überzeugt: Den vielen, die im Liebfrauenmünster die Klais-Orgel hören, in Gottesdienst und Konzert, wird eine Ahnung davon geschenkt.
Baujahr: 1977
Disposition: Hans Gerd Klais, Wolfram Menschick
Dekor: Prof. Elmar Hillebrand, Theo Heiermann
Mensuren: Hans Gerd Klais
Intonation: Theo Eimermacher
Freistehender Spieltisch
Mechanische Tontraktur
Elektrische Registertraktur
Setzer mit 1280 Kombinationen
Diskettenlaufwerk
5436 Pfeifen
Dabei spricht für die Weitsicht der damals Verantwortlichen und für die Qualität ihrer Münsterorgel, daß nur unwesentliche Änderungen anstanden. So wurden im Positiv die Pfeifen des Registers Trichtergedackt gegen gedeckte Holzpfeifen traditioneller Bauform ausgetauscht, da sie sich mit ihrem mehr auf Verschmelzung ausgerichteten Klang eher für Begleitaufgaben im Zusammenspiel mit Chor und Orchester eignen. Insgesamt erhielt der Orgelklang mehr „Bauch“, mehr Fülle und Wärme. Die sicherlich bedeutendste. Änderung ist der Einbau einer neuen Zungenstimme Kontrabombarde 32′ im Pedal. Ihre fast elf Meter langen Zinkbecher stehen zusammen mit den acht größten Holzpfeifen der Orgel frei zwischen Orgelgehäuse und Westfenster auf einer neuen Windlade. Ihr fundamentaler Klang wird dem Hörerlebnis eine neue Dimension hinzufügen.
Disposition
Praestant 8′
Gedackt 8′
Quintade 8′
Principal 4′
Rohrflöte 4′
Octave 2′
Larigot 1 1/3′
Sesquialter 2f 2 2/3′
Schaff 5f l‘
Cymbel 4f 1/3′
Dulcian 16′
Cromorne 8′
Tremulant
Praestant 16′
Principal 8′
Flöte 8′
Gemshorn 8′
Quinte 5 1/3′
Octave 4′
Koppelflöte 4′
Terz 3 1/5′
Quinte 2 2/3′
Superoctave 2′
Cornet 5f ab g 8′
Mixtur 6f 1 1/3′
Acuta 4-5f 2/3′
Trompete 16′
Trompete 8′
Trompeta de batalla 8′
Bajoncillo 4′
Bourdon 16′
Principal 8′
Flute harmonique 8′
Octave 4′
Flöte 4′
Waldflöte 2′
Fourniture 6f 2′
Basson 16′
Trompette harmonique 8′
Clairon harmonique 4’
Tremulant
Salicet 16′
Gamba 8′
Rohrflöte 8′
Fernflöte 8′
Vox coelestis 8′
Fugara 4′
Blockflöte 4′
Nasard 2 2/3′
Schweizerpfeife 2′
Terz 1 3/5′
Sifflet 1′
Harmonia aetheria 4f 2 2/3′
Oboe 8′
Vox humana 8′
Tremulant
Praestant 32′
Principal 16′
Subbaß 16′
Violon 16′
Octave 8′
Gedeckt* 8′
Cello* 8′
Superoctave 4′
Spitzflöte* 4′
Jubialflöte* 2
Baßzink 4f* 5 1/3′
Hintersatz 5f 2 2/3′
Contrabombarde 32′
Bombarde 16′
Posaune 16′
Holztrompete* 8′
Kopftrompete* 4′
Tremulant (*)
III – I
IV – I
I – II
III – II
IV – II
IV – III
I – P
II – P
III – P
III – P Super
IV – P
Umfang Manuale: C – a3
Umfang Pedal: C – g1