Orgel in der Friedhofskapelle am Westfriedhof

Die Geschichte der Orgel, die jetzt in der Kapelle des Ingolstädter Westfriedhofs steht, ist für die Zeit vor 1915 unbekannt. Das Instrument dürfte in der Zeit um 1850 gebaut worden sein und stammt also vermutlich von einem Orgelbauer aus der Gegend um Landshut. Dort waren ab 1830 Mitglieder der in Süddeutschland weitverzweigten Orgelbauerfamilie Ehrlich tätig, nach 1860 wurde die Werkstatt dann von Franz Strauß (1830–1891) übernommen.

Franz Xaver Riederer war seit etwa 1880 in der Werkstatt von Franz Strauß tätig, und wurde dessen Nachfolger nach dessen Tod. Er ist bis etwa 1920 nachweisbar und baute vorwiegend Orgeln in Bayern, aber auch in Oberhessen und im Mittelrheingebiet. Es ist anzunehmen, dass die Orgel aus diesem Umfeld stammt, vermutlich hatte sie Riederer für einen seiner Neubauten in Zahlung genommen.

1915 rüstete Riederer das Werk zurecht für die Pfarrkirche St. Peter und Paul in Asbach. Wegen Platzmangel wurde das Gehäuse der Orgel zusammengeschnitten, Spieltisch und Trakturen neu eigerichtet, einige Pfeifen gekröpft.

Möglicherweise entfiel zu dieser Zeit bereits der Oktavbass 8‘ im Pedal. 1945 ersetzte Leopold Nenninger aus München die Flöte durch ein Salicional 8‘.

Schließlich war die Orgel in einem nahezu ruinösen Zustand und kaum noch spielbereit, dokumentiert in einer Bestandsaufnahme durch Alois Linder am 20.09. 2007. Diese ergänzte Hans-Wolfgang Theobald durch eine eigene Untersuchung samt Vermaßung, datiert vom 16. Oktober 2008.

Da in Asbach wegen der fehlenden räumlichen Voraussetzungen das Instrument nicht restauriert werden konnte, kam über den persönlichen Kontakt zwischen Dr. Klaus Könner, dem Orgelsachverständigen am Landesamt für Denkmalpflege, und Franz Hauk das Orgelwerk nach einer sorgfältigen Restaurierung (2010–2014) durch Orgelbau Klais, Bonn, in die Kapelle des Westfriedhofs.

orgel-friedhofskapelle
Disposition

Die ursprünglich vorgesehene Disposition der Orgel wurde wieder eingerichtet. Sie lautet von vorne nach hinten:

Manual C – f3 = 54 Töne
Principal 8′ C – H gedeckt, original, c° – e3 im Prospekt,
Octav 4′ Holz und Metall, vorhanden und ergänzt
Octav 2′ zuletzt vakant, nur vorgesehen; rekonstruiert
Flöte 4′ vorhanden und ergänzt
Gedeckt 8′ vorhanden
Tibia 8′ C – H zusammen mit Gedeckt 8‘; zuletzt Salicional 8‘ von Nenninger; c° – f3 rekonstruiert
Pedal C – f° = 18 Töne
Subbass 16′ vorhanden
Octavbass 8′ zuletzt vakant, Stock gebohrt; rekonstruiert
Pedalkoppel als Ventilkoppel rekonstruiert
Der Befund der Stimmtonhöhe wurde grundsätzlich übernommen: die Stimmtonhöhe liegt wieder bei 441 Hz bei 15 °C, der Winddruck bei 61 mm WS. Die Orgel wurde wieder gleichschwebend eingestimmt, da sich keinerlei Hinweise auf eine ungleichschwebende Temperierung feststellen ließen.